Als wir am 8.3.14 die „Zweite Geige“ als 3. Begehung für uns verbuchen konnten, machten wir uns noch am selben Tag taleinwärts des Langentales auf den Weg, um ein weiteres, von uns angestrebtes Projekt, genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei handelt es sich um einen nördlich ausgerichteten Eisfall, der sich etwa 15 Meter weiter links der bekannten Eisroute „Piovra“ befindet.
Keine ganze Woche später starten wir optimistisch Richtung Gröden. Auch der eineinhalbstündige Zustieg mit den Skiern macht uns nichts aus. Und wir werden belohnt: die Verhältnisse scheinen gut zu sein und nichts kann uns mehr aufhalten.
Schnell sind wir wieder in unserem Element und da die erste 40 Meter lange Seillänge mit WI4+ nicht all zu schwer ist, ist sie gerade richtig, uns aufzuwärmen.
Unser erster Eindruck über die Eisverhältnisse hat uns nicht getäuscht und das Klettern ist eine wahre Freude. Die 2. SL ist 20 Meter lang und führt durch eine fantastische Linie im Schwierigkeitsgrad WI5+ zum Stand.
Bis hier her wird dieser Eisfall ab und zu geklettert und dann wieder per Abalakov abgeseilt. Und das ist sehr schade. Oder vielleicht unser Glück? Nun waren wir an der Reihe, dieser anstehenden Perle einen Namen zu geben. Ob dies möglich ist, wollten wir an diesem besagten 15.03.14 wissen.
Das Abenteuer beginnt also mit der 3. SL, gleichzeitig sie Schlüsselseillänge. Anfangs führt sie über 7 Meter Eis und mündet in einer 10 Meter folgenden, beeindruckend überhängenden, Felspassage. Hat man diese überwunden, darf man sich zwischen zwei freihängenden Eiszapfen entscheiden, um daran empor zu klettern.
Pavol ist der Auserwählte, der sich nun mit dem richtigen Mass an Respekt, aber optimistisch ins Neuland vorwagt.
Den Eisteil schafft er mit Links, ebenso die ersten Felsklettermeter. Doch dann wird es Zeit für eine Zwischensicherung…und erstmals merkt man seine Anspannung. Denn für ein mobiles Sicherungsmittel muss ein Riss oder vielleicht ein Loch vorhanden sein. Doch die ganzen 10 Meter ist nichts dieser Art zu finden. Es bleibt nichts anderes übrig, als einen Nagel zu schlagen! Aber auch das gestaltet sich schwierig, denn das Langental ist bekannt für seine fragile Felsqualität. Pavol schafft es, auf diesen 10 anspruchsvollen Metern, drei einigermaßen haltbare Nägel unterzubringen.
Der weitere Verlauf dieser Seillänge verlangt geschmeidige Bewegungen, vor allem beim Übergang vom Fels auf den freistehenden Eiszapfen. Nach Bewältigung dieser ästhetisch interessanten Kletterpassage kommt man nach 25 Metern zum Ort, den man sich als Stand einrichten kann.
Euphorisch seilen wir wieder ab um sofort diese perfekte Linie im Rotpunktstil zu versuchen und es gelingt uns auf Anhieb. Überglücklich sind wir über sie vollbrachte Leistung und die Schönheit dieser Seillänge, die wir mit der Schwierigkeit M9+ bewerten.
Zuallerletzt folgt die 25 Meter lange 4.SL, welche ein leichter, genussvoller Eisquergang nach rechts im Schwierigkeitsgrad WI3 ist.
Abseilen kann man über die eingerichteten Stände der Eisroute „Piovra“
Wie immer steht am Ende einer vollbrachten Leistung Genugtuung und ein Quäntchen Stolz.
Wir sind froh, dass das Langental durch unsere Erstbegehung „Evolution“ um eine neue, tolle und anspruchsvolle Mixedroute reicher geworden ist.
Evolution:
(M 9+/WI 5+) 110m
Erstbegangen am 15.03.2014 von Pavol Rajcan und Wolfi Hell
1. Sl. WI 4+
2. Sl. WI 5+
3. Sl. M9+
4. Sl WI 3
Materialempfehlung:
2 x 60 Meter Seile, 10 Eisschrauben, Nägel (je nach Moral)